Das Magazin des Detmolder Landestheaters veröffentlicht die
Erklärung des deutschen Bühnenvereins zum Welttheatertag
Der Welttheatertag am Sonntag, 27. März, steht in diesem Jahr im Zeichen des Kriegs in der Ukraine. Seit dem brutalen Angriff der russischen Armee am 24. Februar ist die Friedensordnung der letzten Jahrzehnte zerstört. Die Theater und Orchester stellen sich ihrer Verantwortung: Viele Bühnen und ihre Mitarbeitenden helfen Geflüchteten und unterstützen Künstler*innen und Kulturschaffende. Am World Theatre Day 2022, an dem jedes Jahr die verbindende Kraft des Theaters im Mittelpunkt steht, betont der Deutsche Bühnenverein die Solidarität der Theater- und Orchester mit den Menschen in der Ukraine:
ERKLÄRUNG ZUM WELTTHEATERTAG
Der Welttag des Theaters soll die Kraft der Kunst und des Spiels ins Bewusstsein der Gesellschaft rufen. Er erinnert daran, welche Möglichkeiten in der Einfühlung in andere, in der Spekulation über Alternativen und in der Auseinandersetzung mit der Welt um uns herum liegen. Seit 60 Jahren zeigt er, zu welchen kulturellen und zivilisatorischen Leistungen Menschen fähig sind, wenn sie sich ihre schöpferischen Fähigkeiten bewusst machen.
Das ist umso wichtiger, wenn die Welt wie derzeit voll ist von Beispielen für die zerstörerische Kraft des Menschen. Fassungslos müssen wir zusehen, wie Russland einen barbarischen Krieg gegen die Ukraine und die dortige Zivilbevölkerung führt und so die Friedensordnung der letzten Jahrzehnte zerstört. »Der Krieg soll verflucht sein« – seit Beginn des russischen Angriffs prangt dieser Satz aus »Mutter Courage und ihre Kinder« über vielen Bühnen und Veranstaltungen. Er fordert heraus, nicht in Schockstarre zu verharren.
Der Welttag des Theaters ist im Jahr 2022 eine Aufforderung zur Hilfe und zur Tat. Die Theater und Orchester stellen sich ihrer Verantwortung. In zahlreichen spontanen Veranstaltungen haben sie unmittelbar versucht, dem Entsetzen Form, dem Gesprächsbedürfnis Forum, dem Wunsch nach Trost Raum zu geben. Und sie haben angefangen, Unterstützung für die Ukraine zu organisieren, Kooperationen zu stärken und Geflüchteten praktisch zu helfen.
Vor allem aber bemühen wir uns in diesen Tagen, die Zuversicht in die aufklärerische Kraft kultureller Begegnung und künstlerischer Zusammenarbeit zu wahren. Wir wollen Perspektiven des Menschlichen stärken. Wir suchen auf allen möglichen Wegen die Nähe zu ukrainischen Künstlerinnen und Kreativen, um ihre Arbeit zu unterstützen. Wir wenden uns entschieden gegen einen pauschalen Boykott russischer Kunst. Denn gerade jetzt braucht es den Mut zur Differenzierung. Der russische Staat und das System Putin können derzeit keine Partner sein, sehr wohl aber jene zivilgesellschaftlichen und künstlerischen Kräfte, die für eine offenere Gesellschaft auch in Russland eintreten. Sie brauchen Unterstützung in ihrem Bemühen um eine bessere Zukunft.
Putins Krieg gegen die Ukraine ist ein Krieg gegen die Idee einer offenen, freiheitlichen und demokratischen Gesellschaft. Er richtet sich auch gegen die Fundamente freier Kunst. Wir stehen daher am Welttag des Theaters an der Seite all derjenigen, die Freiheit, Frieden und Verständigung verteidigen – in Wort und Tat. Und wir tun dies in dem Bewusstsein, dass wir diese machtvolle Idee der Freiheit auf der ganzen Welt auch dadurch stärken können, dass wir sie in unserem eigenen Land in Anspruch nehmen. Tagtäglich zeigen wir auf vielen Bühnen im Spiel, dass die Welt zum Besseren veränderbar ist. Durch das wilde Denken und die kreative Leidenschaft der Künstlerinnen und Künstler. Auf diese Zuversicht kommt es an!