Und ach, am Freitag III

„[…]
Drum laß am Samstag backen
Das Brot, fein säuberlich –
Sonst werden wir sonntags packen
Und fressen, o König, dich!“
So endet Das Hungerlied von Georg. Also von Georg Weerth, nicht von meinem Mini-Malteser Georg. Dessen Hungerlied endet mit forderndem Gejaule und Zerkratzen der Schranktür. Er fordert zu Recht, denn heute gibt es eine ganz besondere Sorte Nassfutter für ihn. Geschmacksrichtung: die Reichen.
„Getreidefrei, reich an Reichen in Sauce“ steht dick auf der gelb-roten Verpackung über dem Bild eines glücklichen Golden Retrievers. Georg schlingt. Ich finde es seltsam, dass Hundefutter immer aus Fleisch besteht, welches diese überzüchteten Wauzis in freier Natur gar nicht reißen könnten: Rind, Schwein, Lamm und jetzt eben auch Adelige und CEOs. Wenn man bedenkt, dass das Futter getreidefrei ist, lässt sich das frei nach Marie-Antoinette und Rousseau aber leicht rechtfertigen: Wer kein Brot hat, isst Kuchen, und wer keinen Kuchen hat, isst eben die Reichen. Und solange es für die keinen veganen Ersatz gibt, scheint mir der Markt an dieser Stelle wenig Interesse an Regulation zu haben. Haben wir es versäumt, die Reichen vor sich selbst zu schützen?
Georgs Investition in Dogecoin steht gerade wieder ganz gut, Kryptowährungen ärgern die großen Magnaten ja einigermaßen konsequent. Selbst in den USA, die der Kapitalismus von einer anstrengend christlichen Siedlung in eine Weltmacht (und wieder zurück) verwandelt hat, ist die Rede von einer neuen härteren Reichensteuer. Auch hierzulande ist einigen aufgefallen, dass die Schere zwischen Arm und Reich im Gegensatz zu Geringverdienern keine Haare schneiden kann.
Ob das genügt, damit auch diesem Freitag ein Samstag folgt, an dem wir fein säuberlich Brot backen? Seit Lockdown-Beginn habe ich permanent das Gefühl, es wäre Sonntag. Das wäre schlecht. Mir schmecken die Reichen nämlich gar nicht.
Jann Wattjes