Immer bevor mein Mini-Malteser ein Häufchen macht, dreht er sich einmal im Kreis. Ich habe ihn kürzlich in Georg umbenannt – er hört nicht darauf. Aber im nächsten Jahr feiern wir Georg Weerths 200. Geburtstag, weshalb ich an dieser Stelle nun wöchentlich eine Kolumne schreiben darf. Da schien mir diese Mini-Hommage das mindeste zu sein.
Georg dreht sich gerade zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt. Wir sind nämlich auf Höhe der Parkbank, die Käpt’n Ingo sein Eigen nennt. Man nennt ihn so, weil Ingo seine Freiheitsliebe damit auslebt, im Stadtpark rohe Fischstäbchen zu knabbern und sich mit Jugendlichen anzulegen. Unlängst mauserte er sich allerdings vom Stadtoriginal zum Medienmogul, indem er auf Facebook faktenkritische Beiträge teilte.
Käpt’n Ingo erhebt sich. Ich möchte Georg unterbrechen, doch der hört ja wie gesagt nicht. „Jetzt belagern die Linken uns schon mit Hundescheiße!“, Ingo hat ein Mundloch in seine FFP2-Maske geschnitten, vermutlich, damit die Linken ihn besser verstehen. Irgendwie ja ironisch, dass links früher einmal Arbeiterbewegungen und Revolutionäre beschrieb, er damit heute aber Politik von Linkspartei bis CDU sowie journalistische und akademische Berufsfelder meint.
Während er meinen Mini-Malteser beargwöhnt, stopft er ein Fischstäbchen durch sein Maskenloch. Das ist kein Proletariat, mit dem ich arbeiten kann. „Oder darf man das auch nicht mehr sagen? Deutschland ist ja nur noch auf Platz 13. Bei der Pressefreiheit“, sagt er mit vollem Mund. Das stimmt. Auch seine Frustration darüber ist berechtigt. Jedoch ist mit diesem Ranking wieder einmal etwas Anderes gemeint, als Käpt’n Ingo interpretiert. Deutschlands Problem in Sachen Pressefreiheit ist nämlich nicht, dass Ingo oder ich nicht sagen dürften, was wir wollen, sondern dass Journalisten ihrer Arbeit nicht mehr ungefährdet nachgehen können, weil sie zum Beispiel auf Demonstrationen immer häufiger Opfer von Angriffen werden.
„Sofort wegmachen!“ Georg schnuppert kurz an seinem Häufchen und sieht mich zufrieden an. Ich kann ihn ja verstehen. Irgendwo muss er ja hin mit seiner Scheiße, und ein Konzept davon oder gar Empathie dafür, dass sie mancherorts eben unpassend ist, hat er nicht. Natürlich ist es schade und ekelhaft, dass ich letztendlich derjenige bin, der sich den Beutel über die Hand stülpen und die Scheiße entfernen muss, damit nicht auch noch Unbeteiligte reintreten. Aber das habe ich mir nun mal so ausgesucht.