Pressefreiheit – Menschenrecht?

By 19. Mai 2022Tagebuch

2018 wurde an der Außenfassade eines Cafés am Kölner Heumarkt 65 eine Bronze-Plakette angebracht mit folgender Inschrift:

Neue Rheinische Zeitung – Organ der Demokratie
Hier befand sich vom 28. August 1848 bis 19. Mai 1849 die Redaktion der Neuen Rheinischen Zeitung. Unter Leitung von Karl Marx wirkten Heinrich Bürgers, Ernst Dronke, Friedrich Engels, Ferdinand Freiligrath, Georg Weerth, Ferdinand Wolff und Wilhelm Wolff an einem der bedeutendsten Blätter der demokratischen Bewegung in der Revolution von 1848/49.

Die Neue Rheinische Zeitung hatte allerdings schon eine Vörgängerin, die Rheinische Zeitung. Sie war, so formulierte es ein zeitgenössischer Schriftsteller, »der Sammelplatz aller oppositionellen Elemente«. Hier schrieben Moses Hess, Georg Herwegh, August Hoffmann von Fallersleben, Karl Marx und Friedrich Engels, die in der drückenden Enge des biedermeierlichen Deutschlands den Ruf nach Freiheit und demokratischer Verfassung anstimmten. Für Friedrich Wilhelm IV., König von Preußen, aber war die Rheinische Zeitung die »Hure vom Rhein«.

Die Rheinische Zeitung und auch die Neue Rheinische Zeitung wurden nicht zufällig in Köln gegründet. Köln ist die größte Stadt der preußischen Rheinprovinz und stand bis zur Niederlage Napoleons mehr als zwei Jahrzehnte unter französischer Herrschaft. Das bedeutete Befreiung von Zunftzwängen, Säkularisierung der Kirchengüter, Einführung des französischen Rechts mit öffentlich tagenden Schwurgerichten. Eine neue bürgerliche Schicht entstand. Sie trieb die Anfänge der Industrialisierung voran und begegnete mit rheinischem Selbstbewusstsein den preußischen Behörden, die ab 1815 im Rheinland und in Westfalen das Sagen hatten.

Das Ende der Neuen Rheinischen Zeitung am 19. Mai 1849 beschreibt Friedrich Engels folgendermaßen: »Endlich am 18. Mai 1849 kam der Schlag. Der Aufstand in Dresden und Elberfeld war unterdrückt, der in Iserlohn umzingelt, die Rheinprovinz und Westfalen starrten von Bajonetten, die nach vollendeter Vergewaltigung der preußischen Rheinlande gegen die Pfalz und Baden zu marschieren bestimmt waren. Da endlich wagte die Regierung, uns auf den Leib zu rücken. Die eine Hälfte der Redakteure war unter gerichtlicher Verfolgung, die andere als Nichtpreußen ausweisbar. Dagegen war nichts zu machen, solange ein ganzes Armeekorps hinter der Regierung stand. Wir mußten unsere Festung übergeben, aber wir zogen ab mit Waffen und Bagage, mit klingendem Spiel und mit der fliegenden Fahne der letzten, roten, Nummer, in der wir die Kölner Arbeiter vor hoffnungslosen Putschen warnten und ihnen zuriefen: „Die Redakteure der Neuen Rheinischen Zeitung danken Euch beim Abschiede für die ihnen bewiesene Teilnahme. Ihr letztes Wort wird immer und überall sein: Emanzipation der arbeitenden Klasse!“.«

So endete die Neue Rheinische Zeitung, kurz ehe ihr erster Jahrgang vollendet.