Leben und Taten des berühmten Ritters Schnapphahnski – XII.Die Herzogin

By 14. April 2022April 17th, 2022Hörstelle
Erschienen in der Neuen Rheinischen Zeitung Nr. 106 und 107 vom 19. und 20. September 1848.
Mit der »gewissen steinreichen Herzogin« ist die Herzogin Dorothea von Sagan (1793-1862), die jüngste Tochter des Herzogs Peter von Kurland, gemeint.
»Ich bitte um Entschuldigung!«: danach lautet dieser Absatz im Erstdruck: »Die Herzogin trägt falsche W … Ich stoße immer wieder auf Schwierigkeiten, aber ich versichere meinen freundlichen Leserinnen, daß mir schon mehr als tausendmal die Augen vor Entzücken übergegangen sind, wenn ich bei häßlichem Regenwetter plötzlich eine niedliche Hand die Seide des Gewandes schüchtern emporheben sah und jene selige Rundung erblickte, die so harmonisch in den kleinen Fuß ausläuft, daß man vor süßem Erstaunen die Hände zum Himmel erheben und die große Meisterin, die Natur, laut preisen möchte und ihr lobsingen aus dankerfülltem Herzen. – Die Herzogin hat falsche H … Ich verwickele mich immer mehr, aber ich möchte meinen Arm um eine schlanke Taille legen und den heiligen Schwur tun, daß es nichts Schöneres auf Erden gibt als diese wespenschlanke Landenge Panama, die Verbindung zweier Kontinente, für deren Besitz ich das wirkliche Brasilien und die wirklichen Vereinigten Staaten frohlockend in die Schanze schlüge, samt Kuba und Jamaika und allen Inseln der Südsee. Es versteht sich von selbst, daß ich nicht von der Herzogin spreche. – Die Herzogin hat einen falschen C … Aber jetzt höre ich auf. Mit der Toilette einer Dame ist nicht zu spaßen. Die Toilette ist etwas sehr Ernstes. Die Toilette ist alles! Namentlich bei der Herzogin.«
»… Liebkosungen überhäuft haben.« danach in der N. Rh. Z. die beiden folgenden Absätze, die hier fortfielen:
»Charakteristisch für die Weise, in der die Herzogin ihre Liebschaften betrieb, ist der folgende Zug, den wir wörtlich aus den uns vorliegenden Papieren wiedergeben. “Einst war es in V.”, heißt es, “einem Schlosse des alten T. Es war sehr wenig Besuch da und schlechterdings nichts Akzeptables außer einem dicken ältlichen Herrn, der ihr entschieden mißfiel.
Indes – faute de mieux – entschloß sie sich, seine Bewerbungen reüssieren zu lassen. Nachdem sie sich hinlänglich verständigt haben, fragt der dicke Begünstigte, ob er nachts zu ihr kommen dürfte. – – Sie schlägt ihm dies ab und verspricht, zu  i h m  auf sein Zimmer kommen zu wollen, was sie auch tut … Die Nacht verstreicht so glücklich wie möglich; aber auch dem Glücklichsten schlägt endlich seine Stunde, und als es ans Scheiden geht, fühlt sich der dicke Herr gedrungen, ihr nicht nur für ihre Hingebung, sondern namentlich dafür den tiefgefühlten Dank auszusprechen, daß sie dieselbe so weit getrieben hat, auf sein Zimmer zu kommen, statt ihn auf das ihrige kommen zu lassen. Mit einer enormen Naivität entgegnete da die Herzogin auf den überfließenden Dank des Dicken: Pas de quoi! Sie habe gehört, daß dicke Leute auf dem Kulminationspunkt der Glückseligkeit mitunter vom Schlage getroffen würden, und da habe sie, après tout, doch lieber gewollt, daß dies auf seinem Zimmer passiere – – auf dem ihrigen wäre es fatal gewesen.” Meine Leser werden sich davon überzeugen, daß wir es mit einer geistreichen Dame zu tun haben.«
(aus: Georg Weerth, Sämtliche Werke, Bd. 4, Hrg. Bruno Kaiser, Aufbau-Verlag 1957)