Kleines Tagebuch-Alphabet (J-K)

By 15. November 2022November 16th, 2022Tagebuch

J wie »Ein Jahr«: Damit könnte das Weerth-Jahr 2022 gemeint sein, dass in vielfältiger Weise zur Verlebendigung von Werk und Biographie nicht nur in Lippe beitragen konnte. Viel schöner ist aber das gleichnamige Jugendgedicht von Georg Weerth, von dem wir hoffen, dass es auch im neuen Jahr noch gelesen wird.

Ein Jahr

An X.

Ich sah dich zuerst im Januar
Und grüßte zuerst dich im Februar;
Doch um die Mitte des Märzen,
Da fühlte ich Lieb im Herzen.

Und schlich vor deine Türe still
Wohl in den Nächten des April;
Erst in der Blüte des Maien,
Da täte ich um dich freien.

Und gab dir, ach, so manchen Kuß
Im holden Monat Junius;
Und beide fühlten wir heiß Verlangen,
Als drauf der Juli kam gegangen.

Der Juli kam; und im August
Schwelgten wir selig Brust an Brust;
Im September tät ich dich entführen;
Im Oktober ließen wir kopulieren

Und wälzten uns im Novembrium
Als Eheleute im Bett herum –
Jetzt ist es Dezember, die Wolken schneien,
Die Raben krächzen, die Kater schreien.

K wie Kaiser … : Damit ist nicht Kaiser Karl oder Kaiser Wilhelm, sondern der legendäre DDR-Literaturwissenschaftler und Verfasser der ersten Weerth-Gesamtausgabe Bruno Kaiser gemeint.

… oder Krokodil … :

Das Lippische Landesmuseum hält bis heute einen großen Teil der Exponate, die Georg Weerth seinem Bruder Carl, dem ersten und jüngsten lippischen Museumsdirektor, von seinen Reisen nach Lippe übersandte. Wer je ein Krokodil gesehen oder je versucht hat, bei einer Krokodilsjagd tapfer dabei zu sein, wird begreifen, dass auch Georg Weerth in seinen Briefen davon berichten muss.

Ein ganz besonderes Krokodil findet sich bei Weerth in seiner biblischen Romanze von Herrn Joseph und Frau Potiphar. Wer sie nicht lesen kann, findet sie in der →HÖRSTELLE vom 2.11.2021, unvergleichlich rezitiert von Peter Schütze.

oder Kabinett:

9. bis 29. November 2022
„Kein schöner Ding ist auf der Welt, als seine Feinde zu beißen…“
Kabinettausstellung zum 200. Geburtstag von Georg Weerth

Georg Weerths kurzes Leben fiel in eine literarisch wie politisch hochspannende Epoche zwischen Juli- und Februarrevolution in Paris. Ersten literarischen Versuchen in der Tradition der Rheinromantik folgten Reisebilder (»Englische Reisen«), Essays über das soziale und politische Leben in England und satirische Gedichte (»Heuler und Wühler«) und Feuilletons (»Das Domfest von 1848«) für Marxʼ Neue Rheinische Zeitung. Er beendete mit seiner »Proklamation an die Frauen« in der letzten, Ausgabe der Neuen Rheinischen Zeitung vom 19. Mai 1849 abrupt seine literarische Karriere. Als einzige selbständige Buchpublikation erschien im August 1849 sein satirischer Roman »Leben und Thaten des berühmten Ritters Schnapphahnski«. Bei seinen verschiedenen Lebensstationen lernte Weerth Freiligrath, Püttmann, Moses Hess, Heine und den Kreis um Marx und Engels kennen.

Ort: Engels-Haus, Engelsstr. 10, 42283 Wuppertal
Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag: 10-18 Uhr
Eintritt: 4 € /erm. 2 €