Heuler und Wühler

By 12. März 2022April 17th, 2022Hörstelle

Heuler und Wühler

(veröffentlicht am 3. Juli 1848 in der Neuen Rheinischen Zeitung Nr. 33)

Hießen Whig und hießen Tory,
Hießen Welf und Gibelline.
Doch zu Köln am Vater Rheine
Heißen Heuler sie und Wühler.

Wildrepublikan’sche Eber
Wühlen einerseits die Wühler;
Konstitutionelle Wölfe
Heulen schlimmer noch die Heuler.

Welch Getöse! Herzerschütternd.
Ja, vom Dom zum köln’schen Zelte,
Ja, vom Türmchen bis zum Bay’nhaus
Poltert’s, rast es, grunzt und brummt es.

Oh, entsetzlich ist’s! – Kam sonst der
Abend, sieh, da küßten wir und
Tanzten, streuten Blumen, sangen
Vivat, Vivat, Hosianna!

Gingen froh zum alten Vater,
Trinkrat Thibus, dort die Römer
Keck zu schwingen, bis daß Eos
Stieg empor mit Rosenfingern.

Aber jetzt? – O Zeus, du weißt es:
Unter Ebern, unter Wölfen,
Was ich leide, unter diesen
Deutschen souveränen Bestien.

Am Schluss bezeichnet G. W. – Für den Titel vgl. am besten Weerth selbst, das „Tagebuch eines Heulers“.
(Welfen und Gibellinen: im Mittelalter in Italien die Änhänger der Hohenstaufen bzw. des Papstes. Trinkrat Thibus: Hermann Josef Thibus war Inhaber des „Englischen Hofes“ in Köln, in dem Weerth Stammgast war.)
(aus: Georg Weerth, Sämtliche Werke, Bd. 1, Hrg. Bruno Kaiser, Aufbau-Verlag 1956)