Haute Volée

By 8. Februar 2022April 17th, 2022Hörstelle

Haute Volée

(veröffentlicht am 20. Januar 1848 in der Deutschen Brüsseler Zeitung Nr. 6)

Du hast mich schon so oft gequält,
Willst du mich quälen jetzt aufs neue?
Sprich: Seit wir liebend einander vermählt,
Spürtest du einmal ernstliche Reue?

Hab ich dir nicht einen Mohr verehrt
und ‘nen Kaschmirshawl mit rötlichen Fransen?
Hab auf dem Ball ich dir je verwehrt,
mit jedem beliebigen Gimpel zu tanzen?

Sind wir im Mai nicht ins Bad gereist,
Im eigenen Wagen, mit eigenen Rossen?
Hast du nicht Austern und Trüffeln gespeist
Und viel des erfreunden Champagners genossen?

Hast du im Spiel nicht genug verpraßt,
Und lud ich nicht, o himmlischer Vater,
Poeten und Maler dir oft zu Gast –
Und hast deine Loge du nicht im Theater?

Hab ich nicht alles für dich getan,
Was ein Liebender tut und ein trefflicher Gatte,
Bis daß ich ein sehr ruinierter Mann
Und den ganzen Hals voller Schulden hatte?

Und der Schulden habe ich viel! – O weh!
Ich sehe sie kommen, die Zeit der Schande,
Wo im Dämmerlicht auf den Mont Piété
Ich wandre mit deinem seidnen Gewande.

Anbricht der Tag, wo nach kurzer Rast
Uns weckt der Gläubiger schreckliche Rotte,
Wo die heilige Hermandad mich erfaßt
Und wo ich verzweifle an meinem Gotte!

Du aber, meines Lebens Perl,
Du lächelst und quälst mich ohn Rast und Ruh
Und sagst, ich sei ein verrückter Kerl,
Kaduk, ennuyant und voilà tout!