Ins Hörbare übersetzt (I)
»Gestatten – Preiss ist mein Name. Jedenfalls in diesem Hörspiel bin ich in seine Haut geschlüpft und habe versucht, diesem ehrenwerten Handelsherrn Charakter und Stimme zu verleihen. „Groß ist der Handel und weltumfassend“, erkläre ich dem Lehrling, der frisch in mein Comptoir eintritt. Und eins muss er sich hinter die Ohren schreiben: „Geld ist das A und O des Daseins, Geld ist alles!“ Und deshalb muss unsereins stets auf der Hut sein; denn in jedem Geschäftspartner könnte ein Schuft versteckt sein, der nur darauf lauert, dich übers Ohr zu hauen. Ich gebe mich menschlich, der Schlimmsten einer bin ich nicht, und doch bin ich immerzu und ohne Rücksicht auf andere auf meinen Vorteil bedacht. Angestellte und Arbeiter, die keinen Profit erwirtschaften, sind entbehrlich und werden entlassen. Durch die Zeit vor 1848 habe ich mich mit großem Gewinn hindurch laviert; doch in der Krisenzeit habe ich mich übel verspekuliert und halte nun nach neuen Einkünften Ausschau. Ich muss ja meinen Wohlstand wieder steigern, nicht wahr?! Ich verlege mich daher auf Schrapnells, jene mit Metallkugeln gefüllten Granaten, die in der Luft platzen und sich bestens als „Pillen gegen das souveräne Volk“, zur Einschüchterung aufbegehrender Untertanen einsetzen lassen. Damit gewinne ich alsbald die Zuneigung der postrevolutionären Regierung. Die fragt ja nach uns Bürgerlichen – ja, sie bietet mir sogar die Bildung eines neuen Ministeriums an. – Ach, ich komme Ihnen bekannt vor, auch wenn Sie den Namen Preiss noch nicht gehört haben? Den hat sich ein Schreiberling ausgedacht, der Herr Weerth, der meint, er sei wertvoller als ich, und der meinen Preis herunterhandeln möchte.
Doch dieser Dichterling nicht, nur das proletenhafte Volk, das mir die Fenster eingeschmissen hat, könnte meine staatsmännische Karriere vereiteln – aber das wird ihm nicht gelingen. Der Herr Weerth freilich, der steht auf der Seite des Pöbels. Aber dieses Pack hat sich bis heute nicht wirklich durchsetzen können, nein nein.«
So viel zur Verteidigung des Herrn Preiss. Georg Weerth, der ihm in der Vormärzzeit sein literarisches Denkmal setzte, war nicht nur ein streitbarer Journalist und Dichter auf Seiten von Karl Marx und Friedrich Engels, sondern auch ein gewiefter Kaufmann, der in Handelsgeschäften die Welt bereiste. Er kannte das Gebaren der Kaufleute, der Vertreter, Makler und ihrer Buchhalter aus dem Effeff, auch die oft menschenverachtenden Praktiken, die sie in der Zeit des aufstrebenden kapitalistischen Bürgertums ausübten.