Einer schönen Frau

By 2. Mai 2021April 17th, 2022Archiv

Der Frühling kommt, es glüht im Morgentau
Die erste Rose auf dem Waldeshügel;
Die Quelle murmelt, und im duft’gen Blau
Wiegt sich die Taube auf dem weißen Flügel.
Vom Himmel stieg die Freude über Nacht –
Aufblüht die Welt in märchenhafter Pracht;
Und schier berauscht von allen Herrlichkeiten
Greift kühn der Sänger in die goldnen Saiten.

Was jahrelang in tiefer Brust geruht,
Ersprießet plötzlich mit den ersten Keimen.
Er hebt das Haupt und singt mit treuem Mut
Sein Leid und Lust in wundersüßen Reimen.
Und neuen Sang, er weiß es selber kaum,
Bringt jeder Gruß und jeder Morgentraum;
Doch wie er singt – das ist die beste Weise:
Ertönt sein Lied zu schöner Frauen Preise!

So dachten auch, die in Provencer Land
Den dunklen Lorbeer auf die Stirne drückten:
Sie küßten einer Schönen weiße Hand;
Und wenn im Blau die ersten Sterne zückten,
Dann klang melodisch durch die Blumenflur
Das Lied zum Ruhme ihrer Dame nur.
Doch ach! In Trümmer sank längst Jener Leier,
Sonst kläng ein ander Lied zu dieser Feier!

Es sänge rings auf wald‘ gen Bergeshöhn
Der beste wohl von allen Provencalen
Von deinen Lippen frisch und rosenschön
Und wie in Anmut deine Blicke strahlen.
Doch seine Lieder, zaubervoll und rein,
Sie könnten heller nicht und frischer sein
Als meine Grüße, so an diesem Tage
Aus voller Brust ich dir entgegentrage!

Lang lebe, was in Lieb zusammenhält!
Wie auch die Jahre wildverheerend rollen –
Sie mögen schonen deine stille Welt,
Die sich erschließt zum ewig Wundervollen!
Ha! Wie so freudig meine Brust sich hebt!
Was deine Stirne herrlich stets umschwebt,
Ich will es preisen noch in manchem Liede
Als reines Glück, als Liebe nur und Friede!