Die Rose im Wald

By 30. April 2021April 17th, 2022Archiv

Das ist der duftende Buchenwald!
Das sind die rauschenden Eichen!
Der Drossel Ruf in den Zweigen schallt,
Und durch den Hag mit wilder Gewalt
Die flüchtigen Hirsche streichen!

Das sind die sonnigen Bergeshöhn;
Dort glänzen im Tal die Weiher;
Die Rehe grasend am Ufer gehn,
Und aus den Wellen die Fische sehn
Erhebend den kreisenden Reiher.

Und hier in dunklem Laube versteckt
Erglühet die Waldesrose –
Sie träumt – doch der Nachtigall Lied sie weckt,
Und lieblich das glänzende Köpfchen sie reckt
Verwundert aus schwellendem Moose.

Sie schaut vom Bergeshang nieder ins Tal,
Als wollt sie die Schwestern fragen:
»Wer glühet wie ich mit so köstlichem Strahl,
Wer darf von den Blumen und Blüten ohn Zahl
Mit mir sich zu messen wohl wagen?!«

Doch plötzlich, von süßem Erstaunen erreicht,
Senkt still sie das Köpfchen wieder –
Der Blätter Säuseln und Duften schweigt:
Denn von den Hügeln wundersam neigt
Die schönste der Jungfraun sich nieder.