»Die Liebe« XIV

By 23. März 2021April 17th, 2022Archiv
aus: Jugendgedichte (1841-1843)

XIV

Ich möchte wandern an die Lahn,
Wohl an die Lahn zur Stunde,
Wo auf den Wellen kreist der Schwan,
Wo auf den Dörfern singt der Hahn
Mit hoch prophet’schem Munde.

Wo lind die Luft, wo klar die Flut,
Wo träumerisch das falbe,
Das falbe Roß im Grase ruht,
Wo oft den Flug ins Freie tut
Die Taube und die Schwalbe.

Wo mittags aus dem Laubgewind
Die braunen Hirsche sehen,
Wo still die weiten Täler sind,
Wo flüsternd wohl im Abendwind
Die jungen Buchen wehen.

Wo hoch vom Berg die Rebe sieht
Mit Ranken grün und krause,
Wo wild die rote Rose glüht
Und wo die schönste Tochter blüht
In einem weißen Hause.

aus: Georg Weerth »Die Liebe«, Gedichte I-XXV, 1841