Darüber las ich neulich in der Zeitung: Barrikaden …

… in der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. No 286. Köln, Dienstag, den 1. Mai. 1849

„Berlin, 28. April.

Mit Blitzesschnelle verbreitete sich die Nachricht der Auflösung der zweiten Kammer durch die Stadt. Es sammelten sich trotz Konstabler, trotz des Belagerungszustandes, zahlreiche Gruppen auf dem Döhnhofsplatz vor dem Kammergebäude. Den ganzen Nachmittag hindurch wogte das Volk auf diesem Platz auf und ab. Das Unerwartete besonders brachte die Aufregung hervor.

[…]

Gegen Abend wurden die Attrouppements bedeutender, die gerechte Aufregung machte sich Bahn, das Volk war erbittert über diese neue Maßregel der bewaffneten Reaktion. Mehrere Zusammenstöße mit den Konstablern fanden Statt, welche Einzelne vom Volke verhafteten. Die Constabler wurden einmal von ihrem Oberst, dem Polizeirath Winkler, zurückgezogen, aber dann wieder dem Volke entgegengestellt.

Gegen 7 Uhr endlich wurden Detachements vom Kaiser-Franz-Regiment, vom März her genügend bekannt, zugezogen und wurden vom Volke mit Pfeifen und Zischen empfangen. Das Militär manövrirte derartig, daß es an allen Ecken des Platzes stand, und das Volk in einen Winkel zusammendrängte. Ohne Veranlassung wurde zum erstenmale getrommelt. Wo sollte das Volk hin? Alle Ausgänge waren besetzt.

Es wurde zum zweitenmale getrommelt. Etwa zehn Minuten vergingen, dann trommelte man zum drittenmale, und wie der Donner auf den Blitz folgte die Salve.

Drei Männer und eine Frau sanken todt zur Erde nieder. Auf der Polizei sind sechs Todte und 15 Verwundete gemeldet. Auf die Conversationshalle, wo die Abgeordneten sich befanden, war es abgesehen. Die Kugelspuren sind noch sichtbar. Die Leichen wurden in die Conversationshalle hineingebracht. Die Abgeordneten Knauth, Behnsch und Schellenberg nahmen ein Protokoll über die Greuelthaten auf. In Behnsch Armen starb einer der Verwundeten.

Das Volk zerstob und zog sich einerseits in die Leipzigerstraße andererseits nach dem Spittelmarkt zurück. Um das Militär nachzulocken wurden zwei Säcke mit Stroh vor die Spittelkirche geworfen und angesteckt. Es flammte empor und das Militär suchte den Platz zu säubern. Es wurde natürlich geschossen, aber glücklicherweise Niemand verwundet.

Das Volk zog sich nach dem Petriplatz zurück und bauete mehrere Barrikaden. Das Militär wollte sie schnell nehmen. Als es nahe der ersten Barrikade war, wurde aus einem Hause auf die Soldaten geschossen, wohl fünf Schützen konnten da postirt gewesen sein. Das Militär erwiderte diese Schüsse mit einer vollen Salve. Heute Morgen noch zählte man in dem einen Hause sieben Kugeln und in dem d’Heureuse’schen Hause sogar fand man zwei Kugeln. Das Volk zog sich weiter zurück.

An der vom 18. März berühmten Ecke der Breiten- und Roßstraße, wo das Kölnische Rathhaus steht, wurde nun noch eine Barrikade gebaut, und die im Rathhaus befindliche Konstablerwache gestürmt. Eine Kompagnie Garde wurde jedoch vom Schlosse abgesendet, welche die Breitestraße besetzte und diese Barrikade nahm. Das Volk zog sich überall zurück, und um 11 Uhr Abends war Alles still, nur die Ruinen der Barrikaden und die vom Militär besetzten Straßen erinnerten an den unruhigen Abend.“